Montag, 30. Juli 2012

Schulamit Meixner - ohnegrund


Kann eine Aneinanderreihung von Wörtern auf nur 187 Seiten überhaupt ein überzeugendes Buch ergeben? Ist es nicht heutzutage so dass man "für sein Geld etwas geboten haben" möchte? Will man sich mit diesem schmalen Band überhaupt zufrieden geben? Man sollte - auf alle Fälle! 

ohnegrund ist der Debütroman von Schulamit Meixner, die 1968 in Wien geboren wurde und bis zu ihrer Auswanderung nach London 2006 auch dort lebte. Gerade weil es das erste Werk von der Autorin ist, das veröffentlicht wurde, wird es mit Argusaugen begutachtet, erntet aber seit der Buchpräsentation im März 2012 sehr viel gute Kritiken. 

Ich selbst habe ich den Roman auf dem Kindle gelesen weil Amazon vor kurzem eine Aktion mit Gratis-Ebooks anbot. Obwohl ich zu dem Zeitpunkt bereits wusste dass mich der Picus Verlag für eine Rezension ausgewählt hat, wollte ich nicht mehr warten und habe auf dem E-Reader zu lesen begonnen. Doch ich möchte nicht unerwähnt lassen dass das Hardcover, das nur wenige Tage später bei mir im Briefkasten lag, einen sehr hochwertigen Eindruck macht und das Cover vielversprechend gestaltet ist. ohnegrund ist meiner Meinung nach ein Buch das sich sowohl im eigenen Buchregal gut macht, aber sich auch als Geschenk gut eignet. 

Die Geschichte, die uns Schulamit Meixner erzählt, handelt von drei Generationen einer Familie, zwischen London, Israel und Indien. Ein in London lebendes Künstlerpaar hat eine Tochter, Emily, die unter dem Druck der Eltern schier zusammen bricht und gleichzeitig für die Eltern von geringem Interesse ist. Ihr Leben ist zwar fremdbestimmt, doch fühlt sie sich gleichzeitig in der eigenen Familie unsichtbar. Und so nutzt sie eine Reise nach Tel Aviv um aus dem auferlegten Muster auszubrechen und sich von der einnehmenden Mutter freizustrampeln. Ein geplantes Vorstellungsgespräch lässt sie sausen und lernt den jungen Israeli Nimrod kennen. Amy und Nimrod, der durch und durch Idealist ist, heiraten bald und bekommen eine Tochter, Sharona. 
Das Glück der jungen Familie wird allerdings grundlegend erschüttert als Nimrod ohne Absprache mit seiner Frau einen langfristigen Auslandsaufenthalt in Indien plant und letztendlich auch umsetzt. Die Liebe der beiden kann die Distanz nicht überbrücken und zerbricht daran. 
Amy kehrt daraufhin mit Sharona zurück nach London und hat für ihre Tochter eine ganz eigene Erklärung, warum der Vater nicht bei der Familie ist. Und ist Sharona ganz alleine mit ihrem Kummer und einer Mutter, die durch den Verlust eine immer höhere Mauer um sich baut. Amy hat ihre jugendliche Leichtigkeit verloren und hat zu ihrer eigenen Tochter die gleiche distanzierte Beziehung wie zu ihrer eigenen Mutter. 
Erst Amys Tante kann die beiden wieder ein wenig zueinander führen und bringt ein wenig mehr Wahrheit in deren Beziehung. 

ohnegrund ist ein anspruchsvoller Roman, der allerdings leicht zu lesen ist weil er zB völlig frei von jeglichen Politischen Ereignissen und Meinungen ist. Die Geschichte konzentriert sich allein auf die zwischenmenschlichen Beziehungen der Protagonisten. Besonders wer selbst eine etwas überschattete Beziehung zu seiner Mutter hat, kann Parallelen ziehen. So kennt man doch den Gedankengang "auf keinen Fall so zu werden wie die eigene Mutter". So sehr man sich doch auf einen anderen Weg zwingt... Irgendwas lässt einen dann doch in die Fußspuren der Mutter wandern. So beschreibt es zumindest Schulamit Meiner. 

Ein Buch, dessen Worte auch nach dem Lesen noch ein wenig nachhallen. 

Und genau aus diesem Grund möchte ich ohnegrund uneingeschränkt empfehlen. Auch wenn Amy als alleinerziehende Mutter endet und das Verhältnis zu ihren eigenen Eltern nicht auf einen positiven Weg bringen kann, so liest man die Geschichte von der modernen jungen Frau, die sich gleichzeitig überraschend konventionell verhält, doch gern. Zusammenfassend kann man ohnegrund vielleicht mit einem Wort beschreiben: authentisch. Denn das ist das Buch meiner Meinung nach durch und durch, vom ersten bis zum letzten Wort. Die Personen, die Beziehungen, die Orte. Alles ist authentisch. Und gerade deshalb leicht und Hoffnung gebend und doch gleichzeitig bedrückend. Schatten und Licht. Wie im Leben außerhalb von Büchern. 

Wer dem Roman eine Chance geben und mit Amy nach Tel Aviv reisen möchte, kann "seinen Flug" zB hier "buchen".

Wer allerdings noch unsicher ist... den überzeugen evtl. die anderen Rezensionen auf Blogg dein Buch.

Freitag, 27. Juli 2012

Taufvorbereitungen aka Cake-Pop-Desaster

Beim nächsten Ton ist es 18:50 Uhr. Piep.
Morgen ist Purzels Taufe und ich bin fix und fertig. Wobei ich eigentlich sagen muss dass ich nach einer einstündigen Regenerationsphase am Nachmittag, die ich lesend mit Purzel bei uns im Bett verbracht habe, schon fast wieder in alter Form bin.
Ich habe heute Vormittag/Nachmittag stundenlang mit Kuchenbacken verbracht und letztendlich doch nur einen Kuchen, Muffins und missglückte Cake Pops zustande gebracht. 
Und dabei hatte ich fest vor, als Cake Pop-Prinzessin in die Geschichte einzugehen und hier in großen Lettern davon zu berichten. Ich wollte tolle Fotobeweise liefern für Cake Pops in noch nie da gewesener Perfektion. Was aber passiert ist, ist dass der Sommer, den wir alle wollten und der jetzt endlich (für voraussichtlich 36 Stunden) da ist, mir die Cake-Pop-Scheiße versaut hat! Ich hatte in der Küche geschätzte 65 Grad (und damit meine ich nicht die Backofen-Innentemperatur!) und hätte mit den blöden Kuchenkugeln wahrscheinlich in die Tiefgarage gehen müssen um sie mit Schokoglasur zu überziehen. Nach einem McGyver-artigen Versuch mit dem Ventilator habe ich die Mission "World best cake pops for Taufe" als gescheitert erklärt. 
Ob der Cake-Pop-Teig-Rettungsversuch (das Zeug als Muffinboden zu verwenden) geglückt ist, kann ich dann erst morgen sagen. 
Der fertige Mohn-Käsekuchen macht optisch einen guten Eindruck und wird wohl der Retter des Events ;) Ein weiterer Kuchen (Himbeer-Baiser) wird morgen Vormittag noch zusammen geschreinert werden. 
In meinem Kopf formatiert sich langsam aber sicher ein akribischer Zeitplan, der natürlich zu 100% nicht funktionieren wird. Aber es sich auszumalen, ist trotzdem schön :) Allein die Vorstellung dass Purzel rechtzeitig und genug Vormittagsschlaf macht, dann isst, sich nicht von oben bis unten vollsaut, uns nicht von oben bis unten vollsaut und wir alle um 13 Uhr angezogen und hergerichtet fertig vor der Tür stehen, ohne etwas vergessen zu haben.... ach, das wäre toll... Aber gut dass ich das schreibe... da such ich doch gleich noch eine Kopie der Geburtsurkunde raus! 


Wenn morgen die Kuchen gegessen sind und sie sich nicht wie die Cake Pupser als Katastrophe entpuppen, möchte ich die beiden Rezepte posten. Und dann gibt es auch Bilder von meinem Purzel in Lederhosen und vielleicht sogar von mir in Dirndl. Wenn ich es nicht gesprengt habe bevor das erste Bild geschossen wurde :)





Dienstag, 24. Juli 2012

Ein bisschen Vojta und ein vieles bisschen mehr toller Tag!

Es war ein guter Tag. Ein besonders guter. Die Sonne hat gescheint oder geschienen (hier haut mir der Dialekt von hinten eins über die Birne und vernebelt meinen Grammatik-Verstand) und die Welt hat es gut mit uns gemeint. Wir starteten den zweiten Urlaubstag vom Lieblingsmann mit Kaffee und einem lachenden Purzel und waren am Nachmittag mit einem Freund beim Tollwood. Purzel war lieb und ich hab mir (und das ist wirklich etwas besonderes weil ich irgendwie doch immer zu nicht-alkoholischen Getränken greife) einen Hugo gegönnt. Und einen Latte Macchiato. Und ein ungarisches fettiges Dings mit Rahm und Speck. Und Schoko-Erdbeeren. Guter Tag. Hatte ich das schon erwähnt?


Der Lieblingsmann sitzt unten und darf ein bisschen PS3 zocken, nachher gibt es noch einen Salat (um das fettige Rahm-Speck-Ding auszutricksen) und der Purzel ist nach wildem Einschlafturnen dann doch noch ganz ruhig eingeschlafen. Momentan tut sich wieder einiges bei ihm. Weil er seit gestern rote Backen hat, vermuten wir schon den nächsten Zahnschub. Aber vielleicht ist es auch einfach nur die Hitze.

Seit Freitag, also heute den fünften Tag (hä? schon den füüüünften Taaaag??), "turnen" wir Vojta. Puh, sag ich da nur. Das hat's wirklich in sich. Aber ich erklär' am besten mal, was das eigentlich ist. 


Am besten erklärt das wahrscheinlich der Herr Wiki, aber dessen Erklärung ist in diesem Fall ziemlich trocken und Fachchinesisch. Darum versuch ich's mal im Mama-Jargon.Zwischen 1950 und 1970 hat ein schlauer Mann namens V. Vojta (der ein bisschen wie Mahatma Ghandi mit Augenbrauen von Bert aus der Sesamstraße aussieht) eine Therapie entwickelt, die die Entwicklung von Babys (aber auch Erwachsenen... und allem dazwischen) folgendermaßen beeinflusst: durch das Halten von bestimmten Positionen und das Stimulieren (also sprich, Drücken) von bestimmten Punkten am Körper wird dieser entweder zum Reflexumdrehen oder zum Reflexkriechen animiert. Verschiedene Positionen und Punkte sorgen also dafür dass der Körper mehr oder weniger gezwungen ist (oh Gott, es hört sich fürchterlich an!), Muskeln anzuspannen und sich ein Bewegungsmuster (das laut Vojta in jedem Gehirn angelegt ist) abzurufen. Durch regelmäßig wiederholtes Durchführen wird der Körper und das Gehirn immer wieder erinnert und ein Erfolg, also eine Weiterentwicklung, ist quasi vorprogrammiert und garantiert. Weil man Vojta einige Male am Tag (wir müssen zweimal am Tag, ein drittes Mal wäre noch besser) "geturnt" werden muss, müssen die Eltern natürlich mit ran.


Vielleicht kurz eingeschoben um zu verdeutlichen warum wir diese Art der Physiotherapie (die übrigens wissenschaftlich abgecheckt und von den Krankenkassen gezahlt wird) nun versuchen.

Purzel ist heute 9 Monate, 3 Wochen und 1 Tag alt. Das heißt, bald wird er 10 Monate. Doch korrigiert ist er 6 Wochen jünger... also ca. achteinhalb Monate. Zwar will ich betonen dass es mir natüüüürlich klar ist dass nicht jedes Baby gleich ist. Und jedes sein eigenes Tempo hat. Und wir für gute 8 Monate noch uuuuungefähr im Rahmen sind. 

Aaaaaber Purzel ist nun mal eine faule Socke. Momentan ist es so dass er eine super Hand-Augen-Koordination hat, seine Füße endlich entdeckt hat und sich drehen kann. Allerdings klappt nur Rücken-Bauch gut - und das seit Pfingsten. In den letzten 6 Wochen haben wir also viel seine Handstütz-Kraft und das Zurückrollen auf den Rücken geübt. Es geht voran, aber einfach uuuunglaublich langsam. Die Zeit bekommt er natürlich. Aber andererseits wäre es schon gut für ihn wenn er ein bisschen mehr Gas geben würde. Robben wäre ganz langsam an der Zeit. Oder auch der seitliche Sitz. 


Und deshalb versuchen wir es jetzt mal mit Vojta. Die Übung, die wir als erstes versuchen ist in Rückenlage und Purzel hat glücklicherweise (nicht wie vorerst befürchtet) keine Probleme mit der instabilen Luftröhre (Tracheomalazie).


So... und jetzt sag ich euch mal was ich da machen muss: Purzel liegt auf dem Rücken auf der Wickelkommode (und zwar quer vor mir). Mit einer Hand muss ich seinen Kopf um 30 Grad drehen und so halten. Findet schon mal nicht soooo witzig. Mit der zweiten Hand suche ich dann den Druckpunkt unterhalb der Brustwarze (zwischen zwei Rippenbögen) und übe mit dem Daumen Druck aus. Und zwar so stark dass ich spüre wie die Rippen ein bisschen Raum freigeben. Puh, ich sag euch... das ist krass! In dem Moment wo der Rippenraum aufgeht und Purzel die entsprechenden Muskeln anspannt, drücke ich gleichzeitig ein bisschen zur gegenüberliegenden Schulter und halte 10 Sekunden. Nicht lustig. Nicht für Purzel, nicht für mich. Er weint natürlich. Aber nur während der Übung. Laut Ober-Physiotherapeut Vojta und auch unserer Physiotherapeutin (der ich wirklich vertraue) haben die Kinder keinen Schmerz. Aber es ist unangenehm und sehr sehr anstrengend. Wir haben ein Ritual eingeführt damit er weiß wann er es geschafft hat. Ich lasse sofort eine Spieluhr laufen (natürlich nicht seine Einschlafmusik!) und lobe ihn und kuschle ihn wie verrückt. Sobald ich ihn hochnehme ist schon wieder alles gut. Dennoch ist das wirklich schwer für mich. Ihn "ohne Grund" zu quälen. Aber ich will vernünftig sein, durchhalten, mir vor Augen halten dass es zum einen nicht ohne Grund ist, zum anderen nichts mit quälen zu tun hat und einfach mal abwarten ob/wie er darauf reagiert. 


Im Internet gibt es einige kritische Stimmen bezüglich Vojta. Ich kann das durchaus nachvollziehen. Und einige Eltern brechen die Therapie ab weil sie es einfach nicht schaffen, mit einem schreienden Kind zu üben. Mal sehen... noch komme ich ganz gut damit klar. Kann aber auch daran liegen dass Purzel sich mehr beim Anziehen danach aufregt als beim Vojta selbst :)


Fall von euch jemand mit Vojta Erfahrung hat... Ich würde mich freuen wenn ihr schreibt, wie es euch und den Kleinen damit ging.  



Freitag, 20. Juli 2012

Freitags-Füller #20


1. Wann wird, glaub ich, nie wirklich erwachsen oder? Jedenfalls hatte ich mir vor zehn Jahren erwartet dass sich das irgendwie anders anfühlt ;)
2. An die Seefahrt werde ich mich noch lange erinnern.
3. Ich könnte mal wieder laufen gehen.
4. Bei Twitter lese ich zur Zeit immer nach egal wie müde ich bin.
5. Zum ersten Mal hab ich heute mit Purzel eine Übung der Vojta Therapie versucht. Ich bin total happy dass wir das jetzt doch probieren (trotz Tracheomalazie). Aber gleichzeitig hab ich bisschen Angst dass ich es nicht richtig mache. Ich hoffe, ich krieg in den nächsten Tagen ein Gefühl für die richtige Position und den richtigen Druck.
6. Mein Rezept für die Cake Pops ist besonders tricky. Aber ich bin trotzdem zuversichtlich. Und selbst wenn sie nichts werden, dann haben wir immernoch drei andere Kuchen/Torten/Muffins für Purzels Taufe nächste Woche.
7. Was das Wochenende angeht, heute Abend freue ich mich auf Forelle mit Gemüse, morgen habe ich eigentlich nichts geplant (obwohl meine Schwester mal erwähnt hat dass sie mit mir und Purzel gern aufs Tollwood gehen würde) und Sonntag möchte ich den ersten Urlaubstag vom Lieblingsmann zelebrieren!

Donnerstag, 19. Juli 2012

Cola Zero, Frau R., Bettmäuse und verstopfte Universen



Ich schreib einfach mal so los und packe das ganze in die Potpourri-Rubrik. 
Ich habe eigentlich nichts besonderes zu erzählen. Aber langsam hegt sich der Verdacht dass seit meiner Ernährungsumstellung Koffein anzuschlagen scheint. Gut, dass sich eine Literflasche Spezi-Zero nicht gerade nach gesunder Ernährung anhört sei mal dahin gestellt. Aber darum soll es doch auch gar nicht gehen! Ich will damit nur sagen dass es 21.39 Uhr ist, das Kind seit kurz nach halb sieben ruhig schläft, ich alle aktuellen Beiträge in meiner Blogroll gelesen habe, ganz Dawanda nach schönen Stoffen durchsucht habe, ungefähr 300 davon in meinem Warenkorb gelandet sind (den ich dann in einem lichten Moment der Vernunft wieder gelöscht habe) und ich dank Twitter eingesehen habe dass es nicht erstrebenswert ist, mit 60 Liter Microperlen seine Waschmaschine, den Staubsauger und wahrscheinlich das ganze Universum zu verstopfen! So, Punkt. Puh!
Ich sitze also hier, trinke literweise Spezi, tippsle Sätze, die sich über mehrere Zeilen erstrecken und die höchstwahrscheinlich niemand versteht... nur um... na, um was?
Um Zeit zu vertrödeln? Denn das ist es eigentlich! Ich könnte schon seit Stunden im Bett liegen und lesen. Aber was tue ich wieder? Ich klicke solange im Internet rum bis ich letztendlich doch noch die eisernen Reserven des purzelhausener Hausstandes in Bastelutensilien umgesetzt habe und/oder total frustriert den Rechner runter fahre. 


Damit ich also wenigstens noch etwas mache was annähernd als produktiv durchgeht, erzähl ich euch was ich die letzten Tage so gemacht habe. 


Montag hab ich bei Frau R. angerufen. Die Twitterinas unter euch, die mir folgen, haben vielleicht mitbekommen dass ich vor knapp zwei Wochen beim spazieren gehen mit Purzel eine alte Dame aufgegabelt hab. Oder sie hat mich aufgegabelt. Jedenfalls ist sie blind, muss dreimal in der Woche zur Dialyse, hat Diabetes und schleppt immer mal wieder Tüten mit klitzekleinen Tippelschritten und noch klitzekleinerer Kraft nach Hause. Weil sie sich ihres Weges nicht mehr sicher war, hat sie mich gefragt ob sie richtig ist. Und weil wir sowieso in die Richtung (zum Supermarkt) mussten, hab ich sie begleitet und ihr die Tasche abgenommen. Langsamer als eine Weinbergschneckenklasse auf Wandertag sind wir dann zu ihrer Wohnung getippelt. Auf dem Weg dahin haben wir uns (so weit ihre Puste eben reichte) unterhalten. Naja, und als wir beim Haus angekommen waren, war eigentlich klar das ich ihr irgendwie helfen würde. 
Wir haben Nummern ausgetauscht und vereinbart dass ich mich alle paar Tage melde ob ich für sie einkaufen könnte. Allerdings lief das eher schleppend an weil sie nie was brauchte. Im Nachhinein hat sich aber rausgestellt dass sie beim Einkaufen gern dabei wäre. Sie will also nicht dass ich einfach "irgendwas" kaufe. 
Es wäre für mich zwar viel einfacher gewesen, einfach einkaufen zu gehen und den Kram zu ihr zu bringen. Aber gut, so tippeln wir nächsten Donnerstag halt in gewohntem Schneckenmarschtempo Richtung Supermarkt. Weil das ganze um 11 Uhr stattfinden soll (was genau mit Purzels Vormittagsschlaf kollidiert) hab ich bisschen Angst dass mich Frau R. und der kleine Herr Purzel zusammen etwas überfordern. Aber das wird sich zeigen. 


Dienstag war ich Nachmittag mit einer Freundin essen. Ich hatte Purzel im Gepäck, sie ihren 3jährigen Jungen. Zwar hätte ich gern auch Baby-Mamas in meinem Alltag. Aber dennoch bin ich sehr sehr happy, die Wiggerl-Mama jetzt öfter zu sehen. Ohne Anschluss dreht man komplett ab, oder? Mir tut's wirklich gut, mir was vernünftiges anzuziehen, mich bisschen zu schminken und mich (sofern mit Purzel möglich) in ein Café zu setzen und u.a. auch über Nicht-Baby-Sachen zu sprechen.


Mittwoch war ja erst gestern... Hm... was war denn da los?
Das Wetter war gut. Daran kann ich mich schon mal erinnern... Sowas bleibt einem in Tagen wie diesen (oder sollte ich sagen: in Sommern wie diesem) in Erinnerung. 
Der Lieblingsmann musste erst Mittag zu arbeiten anfangen und wir haben bis 9.30 Uhr im Bett rumgetrödelt. Bis Purzel dann endlich angezogen war, war er eigentlich schon wieder müde. Es folgte dann aber wieder ein klassischer Einschlafterror, der nur durch ein vorgezogenes Mittagessen erledigt werden konnte. 
Als er dann aber völlig erschöpft eingeschlafen ist, hab ich mich wiedermal von den Twitter-Mamas anstecken lassen. Diesmal ging es um die Bettmaus (im Übrigen auch der Grund meiner Microperlen-Recherche). Das ist doch wirklich wie verhext! Habe ich mich doch unlängst erst dem Kauf von Captain Calamari und Sir Prance a Lot hingegeben, so hat mich diesmal diese Bettmaus erwischt! Aber noch schlimmer: ich hab mir in den Kopf gesetzt, das Ding selbst zu nähen! Noch in dieser Schlafphase habe ich begonnen, Stoffe zuzuschneiden. Und dabei hat mich wohl der Größenwahn eingeholt. Denn als ich fertig war, hatte ich Stoffteile für eine 3m-Maus! Grad dass meine Maus der Chinesischen Mauer keine Konkurrenz macht! Den restlichen Mittwoch habe ich also damit verbracht, den Purzel auf der Terrasse zu bespaßen und am Abend die Bettmaus zu nähen. 


Und da wären wir schon bei Donnerstag. Mittag waren wir mit Frau R. ein bisschen spazieren, dann noch einkaufen und den Rest des Tages zu Hause. Ich hab nicht nur die Bettmaus weitergenäht, sondern auch das Bad geputzt, gesaugt und gewischt. Klingt fast wie ein erfolgreicher Tag. Sollte vielleicht öfter mal aufschreiben was ich alles geschafft habe. Dann erscheint die Liste der Dinge, die ich nicht geschafft habe, nicht mehr so erdrückend lang. 


Morgen geht's wieder zur Physio und danach in die Agentur, also in meine Arbeit. Es geht wiedermal um den Praktikanten, der mir einen Krippenplatz organisieren soll. Der hat übrigens schon ganze Arbeit geleistet und innerhalb von zwei Arbeitstagen eine stattliche Liste von 36 Krippen ergoogelt, die absolut in Frage kommen. 


So... viel Text. Wahrscheinlich kaum etwas was euch interessiert. Aber mein Gott, ist mein Blog. Da lauft ihr schnell mal Gefahr, nur Zeug über mich zu lesen ;)

In Zusammenfassung #5

|Gesehen| Den Film Der Plan. Wirklich, wirklich zu empfehlen. Ein zur Abwechslung mal wieder sooo guter Film dass ich währenddessen bestimmt drei bis dreihundertundein Mal "Sooo ein cooler Film!!!" gesagt hab :) 
|Gelesen| Die ersten paar Seiten von ohne grund, das neue BdB-Buch. Allerdings lese ich es auf dem Kindle... ist einfach praktischer.  
|Gehört| Die Telefonstimme einer lieben Freundin. Wer weiß dass ich kein großer Telefon-Fan bin, der weiß auch dass das was besonderes heißt.  
|Getan| Abgenommen. Und zwar schon 5kg! Ich fühl mich schon ganz anders, hab aber noch ca. 3kg vor mir bis ich im gelobten Gewichtsland angekommen bin ;)
|Gegessen| Gesundes Obstgemüsezeug, aber auch (heute) leckere Pasta Amatriciana. 
|Getrunken| Spezi Zero.  
|Gedacht| ... mir scheint, dafür hab ich keine Zeit ;(  
|Gefreut| Dass wir für die Traumwohnung nach wie vor im Rennen sind.  
|Gewünscht| Dass sich alles fügt. Wohnung, Krippenplatz, Arbeit.
|Gekauft| Eine Krabbelrolle für Purzel.
|Geärgert| Dass ich Sonntag versetzt wurde. Obwohl's eigentlich klar war.  
|Geklickt| Da zum Beispiel. Oder auch da.  
|Gestaunt| Dass Purzel sich endlich vom Bauch zurück auf den Bauch drehen kann :)



Mittwoch, 18. Juli 2012

Ich organisiere, du organisierst, er/sie/es organisiert...

Bei pinterest habe ich diese total schicken Listen gefunden, die man vor dem Download auch noch mit eigenem Text versehen kann. Ihr müsst einfach nur auf das Bild klicken und schon landet ihr bei creativemamma.com. Es lohnt sich auf alle Fälle, sich ein bisschen genauer umzusehen. Denn neben den To do Listen gibt es noch ganz viele andere Printables zum Downloaden.


Dienstag, 17. Juli 2012

Ich leg' die Jogger in den Schrank und bin wieder Meedchen

Neben dem Mama-Sein ist es wirklich nicht einfach, auch noch Meedchen zu sein.
Mich gibt es eigentlich nur noch im Doppelpack. In meiner Wunschvorstellung wären wir sogar ein Dreierpack. Aber der Alltag meint es nicht gut mit uns und der Lieblingsmann muss die meiste Zeit des Tages dafür sorgen, die Kohle ran zu schaffen. Deshalb bestreite ich meine Tage mit dem Purzel. Meist ausschließlich mit ihm. Das ist zwar keine Tragödie weil er ein herzallerliebster Schlumpf ist, der mir nur ab und zu, aber doch immer wieder mal die Nerven raubt. 
Aber ein bisschen mehr Anschluss wäre schon schön. Das ist allerdings nicht ganz einfach und sicher ein Thema das nicht nur für einen weiteren Post reichen würde. 
Die Kombination aus verhältnismäßig wegen Freundinnen-Treffen und dem Mama-Sein schafft so allerdings die Grundlage für eine konsequent fortschreitende Verwahrlosung ;)
Wenn ich die vergangenen Monate Revue passieren lasse, dann ist es keine Seltenheit gewesen dass ich mich nur in eine Jeans gequetscht habe weil eine DHL-Sendung zu erwarten war und ich nicht mit Wimperntusche vom Vortag glänzen wollte. Vor allem weil diese dann nur noch selten an den Wimpern, öfter aber im Wangenbereich zu sichten ist. 
Man könnte fast schon meinen dass meine persönliche Mama-Uniform aus Jogger und T-Shirt bestand.
Es bedarf allerdings auch jetzt (wo sich eine gewissen Routine eingespielt hat) einen nicht unerheblichen Aufwand, mich in der Früh fertig zu machen. Oft wird es Vormittag weil ich Purzels erste Schlafphase abwarten muss. Die erste Gute-Laune-Phase verbrauche ich nämlich für einen Coffeeshop-gleichen Latte Macchiato, der meinen Wach-Modus aktivieren soll.


Versteht mich aber nicht falsch. Für die ersten Wochen und vielleicht sogar Monate empfand ich es völlig in Ordnung, den ganzen Tag schlumpi durch die Wohnung zu schlurfen. Meine Hauptaufgabe bestand nämlich, meinen Purzel zu kuscheln. Und das kann man bekanntlich um einiges besser wenn man selbst im Kuscheloutfit ist. Oder habt ihr schon mal gehört dass es sich im Nadelstreifen-Mini am besten kuscheln lässt?!
Und auch jetzt habe ich immer wieder Tage an denen ich meine Schlafhose nur gegen eine neue Jogginghose tausche und die Stunden so entspannt wie möglich auf mich zukommen lasse. Das Recht nehme ich mir einfach heraus. Schließlich will ich die Zeit, die ich nicht arbeiten gehe, genießen. Und ein Genießer-Outfit erfüllt für mich ganz klar die Bedingung Gemütlichkeit. 
Aber seit einigen Wochen, in denen ich auch wieder viel mehr darauf achte, was ich esse, hab ich auch das Bedürfnis, meine Mama-Uniform öfter gegen anständige Kleidung zu tauschen. Wobei das eine (nämlich das bewusstere Essen) das andere (das frustfreie Anziehen von richtigen Klamotten) irgendwie mit sich gebracht hat. Es macht nämlich viel mehr Spaß, sich in der Früh in eine Jeans und eine Bluse zu werfen wenn nicht die Hälfte vom Ar*** außerhalb der Hose hängt. Und das nicht weil man es als modisch aufwertend empfindet sondern weil dort (also in der Hose) einfach aus Platzgründen nicht die Möglichkeit geboten ist. 
Ich bin nach wie vor keine Elfe und trage (Achtung Achtung, sie ist mutig und nennt ihre Kleidergröße!!!) 40er Hosen. Auch bei Oberteilen bewege ich mich im M/L-Bereich. 
Aber mein BMI ist wortwörtlich im grünen Bereich. Und weil die Hosen nicht mehr zwicken und sich die berüchtigten Love Handles nicht mehr unterm T-Shirt abzeichnen, fühle ich mich um Welten wohler. 



Ich bin jedes Schwangerschaftsgramm los und habe darüber hinaus schon ein weiteres Kilo abgenommen. Und das ohne mich kasteien zu müssen. Denn ich kann mich nach wie vor zu selten aufraffen um Laufen zu gehen. Aber auch da bin ich optimistisch und habe Groooooßes vor :) 
Zeitgleich mit der Gewichtsabnahme hab ich aber auch kleinere Baustellen in Angriff genommen. Man glaubt gar nicht, wie viel es mit einem verändert wenn man lackierte Nägel hat! Ich liebe es, mir die Nägel zu lackieren wenn Purzel schläft. Dann fühle ich mich nicht nur gepflegt sondern sogar ein bisschen gestylt. Einfach ein bisschen mehr Meedchen! 

Freitag, 13. Juli 2012

Freitags-Füller #19


1. Thema Nr. 1 ist zur Zeit Abnehmen. Ich bin mal supermotiviert und mal würde ich am liebsten das gesamte Süßigkeitenregal einer Tankstelle in die Handtasche packen. Aber der langfristige Erfolg zählt. Und momentan bin ich diesbezüglich ganz happy!
2. Heutzutage ist wohl kaum mehr irgendwas unbedenklich.
3. Gestern hätte ich fast ein Dürüm gegessen, war dann aber (obwohl ich direkt vor der Bude stand) standhaft.
4. Ich freu ich auf nächste Woche. Einfach so, ohne großen Grund. Aber den braucht man ja auch nicht immer, oder?
5. Es würde helfen, mehr Geld zu haben. Sehr sogar.
6.  Ich kaufe ziemlich viel bei Amazon. Es ist aber auch so unglaublich praktisch, nichts mit dem Kinderwagen heimschleppen zu müssen. Außerdem ist der DHL-Mensch so nett ;)
7. Was das Wochenende angeht, heute Abend freue ich mich auf Pizzabrötchen, Salat und Fernsehen, morgen haben wir einen Trip nach Rosenheim geplant um einen Geburtstags zu feiern und Sonntag möchte ich endlich die neue Matratze aufs Bett packen!

Mittwoch, 11. Juli 2012

Einfach mal heute.

Ich pinne euch einfach mal die vier Fotos auf den Blog. Ohne viel Worte. Die ersten beiden habe ich während einem Spaziergang mit Purzel gemacht, die beiden untern während ich am Abend laufen war. 

Dienstag, 10. Juli 2012

Bis zum Umzug wohne ich im Wohn-Blog... dreitausend Klicks von hier und dann links abbiegen

Bereits vor ein paar Monaten hatte ich die Geschichte über ein Arschloch namens Vermieter erzählt und das Märchen von den undichten Fenstern, der zugefrorenen Tür und der unzumutbaren Situation für Purzel. Ich hatte auch die Story mit der Traumwohnung zum besten gegeben, möchte aber nicht verlangen dass ihr mein Leben immer voll und ganz auf dem Schirm habt. Darum eine Kurz-und-knackig-Zusammenfassung:
Wir wohnen in einer optisch schönen Wohnung, die auf den (ich hab mitgezählt) 124. Blick leider einen großen Mangel aufweist. Die Fenster sind... ähm... wie sagt man... scheiße! Ja genau, scheiße ist das richtige Wort. Und dann gibt's noch ein Wort... eins das den Vermieter beschreibt. Wie war das denn gleich nochmal? Ach ja genau, das war blöde Sau.
Pardon... verbuchen Sie es unter kurzzeitigen Tourrette-Ausbruch. Kommt nie vielleicht immer wieder mal vor. 


Jedenfalls... um sachlich zu bleiben und dem Post einen gewissen Informationswert zu geben: 
wir haben den Mangel (nämlich undichte Fenster und Türen) gemeldet. So wie man das tut. Schriftlich. Und mit genauen Angaben. Denn man will ja von vornherein auf der sicheren und richtigen Seite sein. Auch mit Bildern. Lückenlos. 
Dass dann natürlich erst mit nichts passiert ist, der Blöde-Sau-Arschloch-Vermieter sich taub und blind und tot gestellt hat, brauch ich nicht erwähnen. Als es dann aber wieder Plusgrade hatte... hm... da ist er aus seinem Winterschlaf plötzlich erwacht und stand terminlos mit einem Schreiner vor der Tür. 
Letzterer hat sich als parteiischer Arschloch-Auftragerhalter entpuppt und war (u.a. weil er keins unserer Fotos gesehen hat) keine große Hilfe beim Einschätzen der Sachlage. 
Fazit: der Vermieter wird unverschämt, herablassend, zieht meine Aussagen ins Lächerliche sofern er mich überhaupt aussprechen lässt und trägt nicht unwesentlich dazu bei dass das Gespräch schon laut wird ehe alle anwesenden im Wohnzimmer angekommen sind. 
Nochmal Fazit: keine neuen Fenster. 
Aber bin ja nicht blöd. Hab auch nicht damit gerechnet. Aber neue Fensterdichtungen wären ja schon mal ein bezahlbarer Versuch gewesen. 
Nun gut. 


Da unser Purzel wegen der Ösophagusbladingsbumssache (wer iiiiimmernoch nicht Bescheid weiß: klicken'se hier) an den Luftwegen anfälliger ist, und überhaupt weil die ganze Wohnsituation zu einer riesen großen Frechheit wird, bleibt uns nichts anderes als uns für kurz oder lang (natürlich nur lang. Sagt man aber halt so. Zumindest hier) eine neue, supertolle Bleibe zu suchen. 


Um es abzukürzen: die haben wir schon gefunden. 
Gibt's aber noch nicht. Wird noch gebaut. Haken an der Sache: die Entscheidung, wer denn eine der beiden Knaller-super-duper-so-wie-wir-es-uns-wünschen-Wohnungen bekommt, fällt erst wenn der Rohbau steht. Und das wird voraaaaaussichtlich im Herbst sein. 


Zum potentiell neuen Vermieter haben wir mittlerweile ein positives Stalker-Verhältnis aufgebaut und konnten ihm sogar eine Bestätigung für die städtischen Krippen aus den Rippen leiern. Beziehungsweise muss man sagen dass er das sogar selbst angeboten hat. Wir gehen jetzt nämlich aufs Ganze und suchen auch einen Krippenplatz in der hoffentlich neuen Wohngegend. 
Alles bescheuert und unsicher. Ja.
Aber gestern konnte ich nicht schlafen und lag wach weil mein Kopf schon einen Bastelraum eingerichtet hat. Ich möchte endlich ankommen und diese eine Wohnung genau so einrichten wie wir es wollen. Sie ist einfach perfekt. Perfekt. Perfekt!


Ich klicke mich wie eine Möbelsüchtige durch die Wohnblogs dieser Erde und überlege wie ich diese Ideen und Inspirationen am besten festhalten könnte. 


Dabei gilt es jetzt noch viele viele Monate durchzuhalten. Denn vor Oktober wird, denke ich, erstmal gar nichts passieren. Aber der Lieblingsmann und ich sind uns einig. Eine Alternative suchen, die vielleicht sogar bekommen, umziehen und DANN die Traumwohnung bekommen... Das geht nicht! Ich will keinen Kompromiss eingehen. Weiter gesucht wird deshalb erst wenn wir für diese eine richtige Wohnung eine Absage bekommen. 

Montag, 9. Juli 2012

Die Tage und Wochen nach der Geburt (Teil IV)

Drei Tage nach der Geburt haben wir das Klinikzimmer geräumt und sind wieder nach Hause. Ohne Baby. Etwas was mich unglaublich belastet hat. Ich hatte zwar keinen Babybauch mehr, aber mein Baby war auch nicht bei mir. Die Tage verbrachten wir von Früh bis Spät bei ihm im Krankenhaus. Wir haben ihn gehalten, ihm so viel Nähe gegeben wie das Wärmebett zuließ und haben ihm leise erzählt wie stark er ist. Er sollte uns spüren, uns riechen und uns hören. 
Als wir ihn ein paar Tage später das erste Mal rausnehmen konnten, waren wir beide total überwältigt. Ich saß auf einem Stuhl, ein Kissen auf meinem Schoß, Purzel und seine ganzen Kabel in eine Decke gewickelt. 
Es ging täglich bergauf. Er konnte immer besser alleine atmen, er hat die Milch gut vertragen und alle Medikamente konnten langsam reduziert werden. Die Krankenschwestern haben uns gezeigt, wie wir ihn trotz Kabel und Schläuche selbst versorgen können und so wurde ganz schnell normal was noch vor ein paar Tagen eine Katastrophe war. Es war normal dass wir keine Eltern sind, die einfach mit ihrem gesunden Kind nach Hause fahren, sondern einen anderen, schwereren Start haben. Im Nachhinein denke ich schon dass wir einfach nur funktioniert haben. Denn die Zeit war sehr belastend. Aber wir haben zusammengehalten... uns gehalten. 


Der Brei-Schluck am zehnten postoperativen Tag ist positiv verlaufen. Alle im Raum, Ärzte, Krankenschwestern und besonders ich, waren erleichtert als die Kontrastflüssigkeit auf dem Bildschirm nach unten in seinem Magen lief. Das war das erste Mal dass Jonas etwas geschluckt hatte. Aufgrund der Fehlbildung konnte er das in meinem Bauch ja nicht üben. 


Und so konnten wir ihm ganz langsam, winzige Mengen mit der Flasche geben. Das was er nicht geschafft hat, wurde nach wie vor sondiert. 


Wir haben nie gefragt, wann wir denn auf eine andere Station dürfen oder wie lange wir überhaupt noch im Krankenhaus bleiben müssen. Denn wir empfanden diese Frage als anmaßend. Unser Baby wurde gerettet, es ging in die richtige Richtung. Uns war völlig egal, wie lange wir hier bleiben mussten wenn es Purzel dafür gut gehen würde. 


Deshalb kam die Nachricht sehr überraschend als wir nach 14 Tagen Intensivstation auf die Chirurgische Wachstation der Klinik umziehen durften. Dort gab es dann auch für mich die Möglichkeit, über Nacht bei ihm zu bleiben. Ich konnte mich auf seinen Rhythmus einstellen und mich immer um ihn kümmern. 
Weil Purzel zu schwach zum trinken war, mussten wir ihn alle vier Stunden wecken. Stillen hat kaum bis gar nicht funktioniert weil ihm einfach die Kraft fehlte. Seine Trinkleistung war insgesamt so schlecht dass er kaum Gewicht zunahm. Leider waren die Schwestern der Station total überfordert und hatten keine Zeit für Tipps und Tricks. Erst als der Entlassungstermin wieder auf der Kippe stand bzw. wieder verschoben wurde und uns wieder mit einer Magensonde gedroht wurde, hat sich eine Schwester die Zeit genommen, herauszufinden, wie wir Purzel zum trinken bekommen. 
Ab dann waren die Mengen zumindest nicht mehr besorgniserregend gering und wir durften nach insgesamt einen Monat Krankenhaus am 30.Oktober 2011 nach Hause. Zu diesem Zeitpunkt hätte Jonas noch 14 Tage in meinem Bauch sein sollen. 


Bei der Geburt wog er 1980g und war 45cm groß.





Die Stunden nach der Geburt (Teil III)

Man hatte uns bereits im Kreißsaal mitgebracht dass er nicht auf die Frühchen-Station sondern aus Vorsichtsmaßnahme auf die Kinder-Intensivstation gebracht wurde. Und weil es mir zwar super ging, der Weg zur Intensivstation doch recht weit war, hat mich Stefan mit einem Rollstuhl zu Purzel gebracht.

Man hat uns sofort in Empfang genommen und zu seinem Bett gebracht. Die anderen Betten, Eltern, Babys und Maschinen habe ich überhaupt nicht wahrgenommen. Ich habe nur das Bett von meinem Purzel gesehen. Er lag auf dem Bauch, eine Mütze auf dem Kopf an der die Beatmung befestigt war, angeschlossen an Infusionen und Kabel. Der Assistenzarzt hat uns gesagt dass er auf dem Bauch liegt weil er sich so mit dem Atmen leichter tut, man ihn aber dennoch intubieren musste, er also großteils beatmet wird. Er meinte, es ginge ihm soweit gut, man hätte allerdings (und hält ein Röntgenbild hoch) beim obligatorischen Legen einer Magensonde festgestellt dass seine Speiseröhre nicht bis zum Magen geht. Alles weitere würde uns aber der Chirurg erklären. 
CHIRURG?!?!
Dieser eine Satz über die Magensonde, das Röntgenbild, die Speiseröhre und den Chirurgen... der hat unser Leben verändert. Innerhalb einer Sekunde hat sich alles geändert. In mir ist eine Welt zusammen gebrochen. Ich hab mich um Fassung bemüht und gefragt: "Chirurg. Muss man ihn aufmachen?"
Ich kann mich an die Antwort nicht mehr erinnern. Aber es war auch egal. Denn auch ohne die Antwort war klar dass operiert werden würde. Die Tragweite konnte ich allerdings nicht fassen. Bis der Chirurg eingetroffen ist, sind Stunden vergangen. Stunden, die wir bei Purzel am Bett verbrachten. Ich hab seine klitzekleine Hand gehalten und der Lieblingsmann hat mich gehalten. Sonst wäre ich in der Mitte zersprungen. Plötzlich hatte ich die größten Schuldgefühle. Ich freue mich über eine leichte Geburt während mein Sohn mit dem Leben kämpft. Bin ich schuld? Warum hat man das nicht gesehen? Viele Fragen. Aber vor allem Angst. Ich bat meinen Lieblingsmann, Fotos von ihm zu machen. Denn... aussprechen konnte ich es nicht... aber gedacht habe ich: damit wir ein Foto haben wenn er die OP nicht schafft. 

Irgendwann, ich hielt Purzels Hand, kam ein Seelsorger zu uns und fragte ob wir das mit dem Jonas seien. Wir nickten und der Seelsorger setzte an dass es ihm sehr leid tun würde und... 
Alles mit diesem Trauer-Abschieds-Seelsorger-Blick. In meinem Kopf war sofort der Gedanke dass man uns jetzt einen Seelsorger schickt, der uns darauf vorbereiten soll dass er die OP nicht überlebt. Dann schaute er aber nochmal auf die Karte an Jonas' Bett, auf der Geburtstag und alle anderen Daten standen. "Ach, der Jonas ist erst heute geboren worden..."
Und am Bett neben uns haben zwei Eltern, die ich dann zum ersten Mal wahrgenommen habe, den Seelsorger zu sich gerufen. Es stellte sich einige Tage später heraus dass die Eltern, die viele Wochen mit uns auf der Intensivstation verbracht haben, Zwillinge bekommen haben. Sehr viel zu früh. Und einer der beiden Brüder, Jonas, in der Nacht als unser Sohn operiert wurde, verstorben ist. Der Seelsorger hat die Familie begleitet und den Kleinen noch in der Nacht getauft. 

Unsere Eltern haben wir auch nach dieser Nachricht noch immer nicht angerufen. Wir wollten auf das Gespräch mit dem Chirurgen warten, den man für Jonas in die Klinik geholt hat. 
Als der Arzt, Dr. K, am Nachmittag endlich da war, ging er mit uns in ein klitzekleines Zimmer und hat uns knallhart, ehrlich und ohne Fachchinesisch erklärt, was Jonas hat, was uns bevor steht und wie ernst die Situation ist. 
Er würde Purzel noch am gleichen Abend operieren. Weil man erst nach dem Öffnen des Brustkorbes sehen könnte, welcher Typ der Ösophagusatresie vorliegt, kann die OP fünf Stunden oder 10 Stunden dauern. Es kann sein dass die Fehlbildung mit einer Operation nicht zu beheben ist, es könnte... es könnte... es könnte. Viele viele Unsicherheitsfaktoren. Er klärte uns darüber auf dass Babys mit ÖA meist einige weitere Fehlbildungen haben. Herzfehler, Darmfehlbildungen, Fehlbildungen an Armen und Beinen, Fehlbildungen der Wirbelsäule. Die Liste war lang. Dies alles würde im Anschluss an unser Gespräch sofort nach Möglichkeit untersucht werden um evtl. in einer OP gleich mehrere Baustellen gleichzeitig anzugehen. 
Mir hat es den Boden unter den Füßen weggezogen. Ich konnte das einfach nicht glauben. Wenige Stunden zuvor war ich Mama geworden und jetzt war plötzlich die Welt stehen geblieben. 

Wir kannten Dr. K erst wenige Minuten. Aber wir hatten ein Vertrauen in diesen Menschen, wie ich es vorher noch nie hatte. Er hatte das Leben von meinem Purzel in seinen Händen. Und ich hab ihm vertraut. 

Erst nach diesem Gespräch hat der Lieblingsmann unsere Familien angerufen. Weitere Welten brachen zusammen. Aber alle haben sich tapfer geschlagen. Meine Schwiegereltern waren die ersten, die bei uns auf der Intensivstation ankamen. Wir haben geweint, uns gegenseitig getröstet. 
Nach dem Gespräch mit dem Anästhesisten sind wir zurück auf die Gynäkologische Station um in ein anderes Zimmer zu ziehen das uns Dr. K organisiert hat. Er wollte dass wir einen Rückzugsort für uns als Familie zu haben. Dort haben wir unseren Familien (die Hälfte meiner Familie war zwischenzeitlich auch eingetroffen) nochmal alles in Ruhe erklärt.

Wir hatten die Information, Purzel würde gegen 18.30 Uhr in den OP gebracht werden. Und weil wir trotz der Anspannung körperlich einfach nicht mehr konnten, haben uns unsere Familien allein gelassen und wir haben zwei Stunden etwa geschlafen. Als wir aufgewacht sind, sind wir sofort rüber auf die Intensivstation um Purzel in den OP zu verabschieden. 
Aber als uns die verantwortliche Schwester in Empfang nahm, erklärte sie uns dass er schon um 17 Uhr für die OP abgeholt wurde. Natürlich war ich enttäuscht. Aber gleichzeitig unglaublich erleichtert. Zum einen ist mir ein schwerer Abschied erspart geblieben und zum anderen waren bereits fast zwei Wartestunden um ohne dass wir es bemerkt haben. 

Es galt also zu warten. Dr K hat uns im Gespräch gesagt, er würde nicht aus dem OP kommen um Zwischenmeldungen zu geben. Er würde sich die folgenden Stunden einzig und allein auf die vier Zentimeter große Öffnung konzentrieren und unseren Sohn operieren. 
In unserem Zimmer entstand so etwas wie Galgenhumor. Wir haben uns alte Geschichten erzählt, die eigentlich jeder von uns schon x Mal gehört hat. Aber so konnten wir uns ganz gut ablenken.

Um ca. 1 Uhr nachts - ich war gerade beim Abpumpen - hab ich Dr. Ks Stimme auf dem Gang gehört. 
Er wirkte fast genauso erschöpft wie wir und sagte: "Es ging alles gut. Die fehlende Verbindung von der Speiseröhre zum Magen konnte verhältnismäßig schnell geschlossen werden. Allerdings habe ich über eine Stunde gebraucht um das Loch in der Luftröhre zu schließen. Ich habe Rückenschmerzen, und sie wollen zu ihrem Sohn. In ungefähr einer Stunde können sie zu ihm rüber".
Ich habe sofort wieder geweint und ihn gefragt ob ich ihn umarmen darf. 

Als ich schnell abgepumpt habe, hat Stefan unsere Familien im Zimmer informiert, die alle vor Erleichterung geweint haben. Die erlösende, gute Nachricht wurde gleich an meinen Papa übermittelt, der mit meiner kleinen Schwester Zuhause auf unseren Anruf gewartet hat. Und dann haben alle den Heimweg angetreten. 

Ich habe mich darauf eingestellt, einen kleinen Spatz im Bett zu finden, der von der OP stark gebeutelt ist. Aber er war weder mit blauen Flecken überseht noch hatte er Zeichen einer schlechten Sauerstoffsättigung. Viele Apparate standen um das Wärmebett und eine ganze Batterie an Infusionen standen waren aufgebaut. Man hat uns die Geräte erklärt und erzählt wie es ihm geht. Wir durften ihn noch ein bisschen im Bettchen halten und gingen irgendwann zurück zu unserem Zimmer um am nächsten Tag ganz früh unser neues Leben zu beginnen. 
Das Leben von Eltern, deren Baby auf der Intensivstation liegt. 

Purzel hatte die OP zwar gut überstanden, doch ausgestanden war dennoch noch lange nicht alles. Er wurde nach wie vor beatmet, hat aber kontinuierlich Fortschritte gemacht. Er hat 24 Stunden am Tag geschlafen um sich zu erholen. Er bekam starke Schmerzmittel und wurde mit Infusionen aufgepäppelt. Selbst trinken konnte er natürlich noch nicht. Doch bereits am zweiten Tag hat er die wenige abgepumpte Milch über die Magensonde bekommen und auch gut vertragen. 
Die Magensonde diente in seinem Fall nicht nur als Ernährungsweg sondern war auch eine innere Stütze der operierten Speiseröhre. Erst am 10. Tag nach der OP sollte ein Brei-Schluck zeigen ob die OP erfolgreich war und die Röhre dicht ist. 

Deine Geburt (Teil II)

Ich lag also in dem Bett und habe mir immer wieder gesagt dass ich jede Wehe noch einmal machen müsste wenn ich sie beim ersten Mal nicht richtig veratme. Mit dem Vorsatz, alles möglichst richtig zu machen um es damit so gut es geht zu verkürzen, kamen die Wehen. Es war ungefähr 3 Uhr als es mit einem Ziehen im unteren Rückenbereich begann. Von Beginn an habe ich auf die Uhr geschaut, konnte aber absolut keine Regelmäßigkeit feststellen. 9 Minuten, 2 Minuten, 5 Minuten, 2 Minuten, 12 Minuten... Ich war mir sicher, das ist der Anfang von vielen vielen unendlich dauernden Stunden voller Schmerz, in einer Form wie ich es mir niemals hätte vorstellen können. Also habe ich dieses weit entfernte Ziel, die Erlösung vom Schmerz, fokussiert und jede einzelne Wehe veratmet. Die Wehen wurden kontinuierlich stärker, aber nicht unbedingt regelmäßiger. Zwar konnte ich zu Beginn noch zwischen den einzelnen Wehen ein paar Minuten einschlafen, musste dann aber gegen 5 Uhr aufstehen und mein Becken bewegen. Der Schmerz wurde immer stärker und mir wurde ganz anders wenn ich daran dachte dass das ja nur der Anfang von noch viel schlimmeren Schmerzen war.
Da die Ansage "7 Uhr beim Kreißsaal" hieß, kam ich gar nicht auf den Gedanken, früher vor zu gehen. Um kurz nach 6 Uhr bin ich dann raus und sah den Lieblingsmann direkt gegenüber meiner Zimmertür auf mich warten. Er hat mir einen Tee gemacht, den ich aber kaum noch trinken konnten weil die Wehen immer schneller kamen. Er wollte mit mir Richtung Kreißsaal, ich wollte nicht früher dort stören als man mir gesagt hat. Schön beknackt.
Denn als wir uns dann wenige Minuten später doch auf den Weg gemacht haben, musste ich mich schon an der Wand abstützen weil mich der Schmerz fast umgehauen hat.


Eine nicht besonders freundliche Hebamme hat mich ins Untersuchungszimmer gebracht und ich hing eine halbe Ewigkeit am CTG. Ich fühlte mich ekelig weil die Schlafanzughose immer wieder nass wurde. Nach wie vor habe ich bei jeder kleinen Bewegung Wasser verloren. Gerade als der Lieblingsmann mal nachsehen wollte, wo meine Hebamme abgeblieben ist, ging die Tür auf und Brigit, meine meine meeeeine Hebamme kam herein! Ich kann gar nicht sagen, wie erleichtert ich plötzlich war.


Birgit hat mich untersucht und dabei einen besorgten Gesichtsausdruck gemacht. Und ich meinte nur: "Oh nein, jetzt tut's schon so weh und es ist noch nichts gegangen, oder?" Und sie meinte: "Doch doch, schon 6cm". Im ersten Moment kam ich mir super vor. Schon sechs Zentimeter geschafft. In gut zwei Wehenstunden. Das ist ein guter Schnitt. Der zweite Gedanke war: PDA!
Schon Wochen vor der Geburt habe ich ein Leuchtschild über meinem Kopf gehabt das blinkend "PDA!" verkündet hat! Weil ich nämlich so große Angst vor der Geburt hatte, war eine Kopf-bis-Fuß-Betäubung die absolute Bedingung. Nur leider habe ich durch meine streberhafte Wegatmerei den Zeitpunkt der PDA übersehen. Bzw. hatte ich nicht gedacht dass ich in so kurzer Zeit schon so weit gekommen war. Birgit wollte mich nicht aufregen und hat pseudomäßig den Anästhesisten angerufen. Aber nach der nächsten Wehe sind wir Richtung Kreißsaal gegangen. 


Ich ging in den Raum, die nächste Wehe rollte an und plötzlich war alles ganz anders. Birgit wollte dass ich mich aufs Bett lege, aber ich meinte dass ich nicht kann weil die Wehe so anders ist, einfach so viel Druck ist und es sich so heiß anfühlt. Meine erste Presswehe.
Im Stehen hat sie kurz nachgesehen: "Man sieht den Kopf schon, du musst auf das Bett"
Gott, ich war völlig überfahren! Wie? Man sieht den Kopf schon?!?! Ich dachte, ich hab noch mindestens 36 Stunden Schmerzen bevor es richtig los geht?!?!
Der Lieblingsmann und Birgit haben mich irgendwie auf das Bett gehoben und genau so wie ich ankam, blieb ich auch liegen, nämlich auf der Seite. Der Lieblingsmann musste mein Bein auf seine Schulter nehmen.
Nur wenige Stunden zuvor hatte ich im Partnertag bei der Besichtigung der Kreißsäle entschieden dass ich so auf gar keinen Fall gebären würde. Aber was die Geburt betrifft, ist so ziemlich alles anders gekommen wie erwartet.


Die zweite Presswehe verging ohne meine Mitarbeit weil ich noch nicht richtig auf dem Bett lag. Ich hatte eine riesen Angst vor den Schmerzen. So bescheuert kann auch nur ich sein: die PDA verpassen! So eine Scheiße! Ich hab zu Birgit gesagt: "Gibt mir noch eine Spritze oder sowas!" Und sie verneinte nur. Ich wieder: "Dann schmier' irgendwas hin!!!" Sie daraufhin ganz ruhig aber bestimmend: "Conny, es ist zu spät. Du musst jetzt pressen, er kommt."
Ich hab die ganze Zeit gedacht: Scheiße, wie fest soll ich denn pressen, verdammt?! Keine Sau hat dir gesagt wie du das machen musst!!! 
Also hab ich wie schon bei den Wehen zuvor beschlossen, so gut es geht, alles richtig zu machen, mich zu konzentrieren und möglichst keine Kraft zu verschenken. Weil Jonas sechs Wochen zu früh kam, war eine Kinderärztin bei der Geburt anwesend. Mit der rechten Hand habe ich ihre Hand zerquetscht, mit der linken Hand die des Lieblingsmanns.
Ich habe zwar getönt, glaube ich, aber geschrien hab ich auf keinen Fall. Die Kraft wollte ich nicht unnötig verschenken. Nach der ersten aktiven Presswehe hatte ich noch immer eine riesen Angst, doch bereits in der nächsten Wehenpause dachte ich dass es trotz großen Schmerzen und unglaublichem Druck zu schaffen ist. Ich hatte plötzlich die Sicherheit, die Geburt ohne Schmerzmittel zu schaffen. Allerdings war Jonas klein und zierlich. Nur wenige weitere Presswehen später hab ich meinen Purzel geboren. 7.56 Uhr, zwanzig Minuten nachdem ich durch die Kreißsaaltür bin. 
Sie haben ihn mir auf den Bauch gelegt, ich war unglaublich stolz und glücklich, hab mich aber dennoch sofort erkundigt ob alles in Ordnung mit ihm ist. Mein Lieblingsmann hat die Nabelschnur noch durchgeschnitten und dann mussten sie Jonas mitnehmen. Weil seine Atmung unterstützt werden musste, wurde er im Raum nebenan versorgt. Mir selbst ging es nach der Geburt wirklich gut. Ich konnte nur zehn Minuten später aufstehen und zu ihm rübergehen. Auch ein Dreiviertel Jahr später kann ich meine ersten Gefühle nicht richtig beschreiben. Es war ein Mix aus einer Million Gedanken und Gefühlen. Ich war erleichtert dass die Geburt vorbei war. Ich war erstaunt, wie gut und schnell es gegangen ist. Ich war stolz auf mich, es ohne Schmerzmittel geschafft zu haben. Ach, was sag ich! Ich hab mich wie Terminator gefühlt!! ;)
Als ich ihn im Versorgungszimmer liegen sah, war er schon ein bisschen sauber gemacht und lag in Tücher gewickelt. Er hatte eine Atemmaske um und hatte die drei Kontrollsonden am Körper, die er erst viele Wochen später wieder loswerden sollte. Aber das wusste ich in dem Moment noch nicht. In diesen Sekunden war ich einfach nur überwältigt von der Tatsache dass dieser kleine Mensch unser Sohn ist. 


Im Kreißsaal sollte ich mich zwei Stunden erholen bis wir zu Purzel auf die Station konnten. Der Lieblingsmann hat Frühstück organisiert und wir haben beschlossen, unseren Familien erst mal noch nichts von Purzels Geburt zu sagen. Erst wenn wir Gewissheit haben dass alles in Ordnung ist, würden wir alle anrufen. Keiner sollte sich Sorgen machen weil er so viel zu früh auf die Welt gekommen ist. 


Ich wurde noch untersucht und sollte wegen einem Dammriss, den ich glücklicherweise nicht gespürt habe, genäht werden. Allerdings hatte ich (nach einer schmerzmittelfreien Geburt, haha!) Angst vor den Schmerzen und habe kategorisch abgelehnt. Die Ärztin hat eingewilligt unter der Bedingung dass ich die kommenden zwei Stunden still halte. So bin ich um das Nähen herumgekommen. 


Gegen 10 oder 11 Uhr sind wir dann ins Zimmer, ich habe kurz geduscht und mir was bequemes, sauberes angezogen und wir sind rüber zu Jonas. 

Deine Geburt (Teil I)

Es war Samstag, der 01. Oktober 2011. Ein warmer und sonniger Herbsttag. Vormittag habe ich nichts besonderes gemacht, zumindest kann ich mich nicht mehr daran erinnern. Um 13 Uhr habe ich mich dann mit dem Lieblingsmann beim Klinikum getroffen weil dort der Partnertag des Vorbereitungskurses stattgefunden hat. Der Lieblingsfreund war ziemlich gestresst weil er sich die paar freien Stunden nur schwer freischaufeln konnte. Monatsanfang bedeutet im Hotel immer Inventur. 
Wir sind also in den kleinen Kursraum und haben es uns auf den Matten bequem gemacht. Ich befand mich zu dem Zeitpunkt am Ende der 33. SSW und habe mich mit der Geburt schon sehr viel auseinander gesetzt. Und weil ich einen unglaublichen Redebedarf hatte und den Lieblingsmann zusätzlich gern genötigt habe, sich ebenfalls zu informieren, haben wir in den vier oder fünf Kursstunden nicht viel Neues gehört. Kleines Highlight war zwar dass Birgit, die Hebamme, die Position der Babys ertastet hat. Allerdings habe ich da auch keine anderen Infos bekommen als das was ich schon ein paar Wochen zuvor von meiner Frauenärztin gehört habe. Er ist bereits tief im Becken. 
Die Bodensitzerei und die ungewöhnlich warmen Temperaturen haben den Lieblingsmann und mich ziemlich außer Gefecht gesetzt und am liebsten hätten wir auf den Matten einfach nur geschlafen. Aber nach Kursende musste er wieder in die Arbeit, also bin ich alleine mit der U-Bahn nach Hause gefahren. 
Weil ich mich wieder etwas fitter gefühlt habe, habe ich eine Maschine Wäsche gewaschen und die Nähmaschine rausgekramt. Während ich zwei Kirschkernkissen und Stoffvögel für ein Mobilé genäht habe, habe ich immer mal wieder in Facebook und Twitter rumgeklickt. Und da hat irgendjemand um 19.45 Uhr gepostet dass hoffentlich alle einkaufen waren weil am Montag ja Feiertag ist. Ich aufgesprungen und in den Kühlschrank geschaut. Na bravo! Nichts daheim und einen Lieblingsmann, der am Sonntag den ganzen Tag in der Arbeit ist. Da er der einzige von uns beiden ist, der aus einem schwarzen Loch auch noch was leckeres zu essen machen kann, war ich total aufgeschmissen. Also schnell in die Schuhe und mich und meine 16kg Purzelbauch zum Supermarkt geschleppt. Weil man sich's als Schwangere ja ganz gern mal gutgehen lässt, hab ich Pizza und eine volle Tüte mit ungesundem aber leckerem Zeug nach Hause gehievt. Und das alles unter 20 Minuten. Denn kurz nach 20 Uhr hab ich schon den Ofen für die Pizza vorgeheizt. 
Die kommenden zweieinhalb Stunden habe ich gegessen, weiter genäht, den Fernseher nebenbei laufen lassen und darauf gewartet dass der Lieblingsmann von der Arbeit kommt. Als der dann um halb elf endlich daheim war, wollte er die Chance nutzen und die Playstation anschmeißen. Wenn ich ja noch nähe... Aber ich meinte, dass ich jetzt aufhören müsste weil die Wände eh so hellhörig sind und ich nicht will dass die Nachbarn denken, da sitzt eine mit der Nähmaschine neben ihnen auf der Couch. Der Mann also enttäuscht wie ein 3-Jähriger und macht sich bettfertig. Ich war zwar noch topfit, wusste aber dass Schlafen die bessere Entscheidung wäre weil ich die Nacht zuvor schon erst um 3 Uhr einschlafen konnte. Der Kompromiss war dann eben lesen. Der Lieblingsmann ist innerhalb von zwei Minuten eingeschlafen, ich habe allerdings bis Mitternacht gelesen. Dann habe ich eigentlich nur aus Vernunft das Licht ausgemacht und bin nochmal zur Toilette. 


Knappe zwei Wochen zuvor war mein letzter Frauenarzt-Termin. Leider war meine Ärztin im Urlaub und so war ich bei einer Vertretung, die einen suboptimalen PH-Wert gemessen und einen etwas verkürzten Gebärmutterhals festgestellt hat. Ich bekam ein Rezept für insgesamt 14 Zäpfchen, die dafür sorgen sollten dass keine Bakterien an der Fruchtblase knabbern. Die Wirkung der Zäpfchen habe ich vom ersten Tag der Anwendung bezweifelt. Denn... so schnell konnte ich mich gar nicht in die Waagrechte bewegen wie das Zeug wieder aus mir raus lief. Ich war mir also ziemlich sicher dass diese Dinger keinem fiesen Bakterium die Knabberei unterbinden. Sorgen gemacht habe ich mir allerdings keine. Dazu war die Ansage der Vertretungsärztin zu entspannt. Beim nächsten Vorsorgetermin hätte meine eigentliche Ärztin nochmal genau den PH-Wert checken sollen.


... Ich geh also zur Toilette. Alles normal bis auf dieses Schleimding. Hm... sah zwar irgendwie komisch und ganz anders aus als die Zäpfchenreste der Vortage, aber das Wort Schleimpfropf ist nur einen Minisekundenbruchteil durch meinen Kopf geschossen. Ist nichts... Ist ja viel zu früh. Pünktlich zur Geisterstunde 34+0.
Ich also wieder ins Bett. Kaum war ich mit dem Hintern auf der Matratze, macht es platsch und ich verlor geschätzt einen halben Liter Flüssigkeit. Mein erster Gedanke galt der evtl. versauten Matratze. Also war ich so schnell wie noch nie wieder vorm Bett und bin laut rufend "aaaah, Schaaatz!" wieder zurück auf die Toilette. Der Lieblingsmann war innerhalb von drei Sekunden topfit und bei mir im Bad.  Und da saß ich dann. Insgesamt eine gute dreiviertel Stunde. Unverzüglich hat mein gesamter Körper angefangen zu zittern. Während meine Beine wie verrückt hin und her zappelten weil ich sie nicht stillhalten konnte, hab ich immer wieder Wasser verloren. Obwohl die Situation mehr als offensichtlich war, dachte ich noch immer dass ... ach, keine Ahnung was das hätte sein können. Jedenfalls war mir nicht klar dass der Startschuss für die Geburt gefallen ist. Zwar habe ich mir unglaubliche Sorgen gemacht weil ich sechs Wochen vorm ET war, aber vom heftigen Zittern abgesehen war ich ganz ruhig und klar bei Verstand. Auf ein kleines Post it habe ich für den Lieblingsmann Notizen gemacht. 


34+0
schlechter PH-Wert, darum Zäpfchen, etwas verkürzter Gebärmutterhals
verliere seit Mitternacht Wasser
Kopf laut letzter Untersuchung nicht fest im Becken


Letzteres war eine glatte Lüge. Diese habe ich mir schon viele Wochen vor diesem Tag zurecht gelegt. Denn wir haben kein Auto. Das ist in München auch überhaupt nicht notwendig. Aber das letzte was ich wollte, war, mit einem Taxi ins Krankenhaus fahren zu müssen. Und jetzt, wo ich nicht wie erwartet ganz ruhig mit beginnenden Wehen ins Klinikum musste, war eine Taxifahrt absolut undenkbar. Ich wusste aber dass man nicht liegend transportiert werden muss wenn der Kopf bereits tief im Becken sitzt. Selbst bei Blasensprung nicht. 
Aufgrund dieser Lüge standen also ca. 15 Minuten später zwei freundliche Sanitäter unten an der Treppe, die sich im ersten Moment gar nicht rauf trauten. Ich hab dann nur von der Toilette nach unten gerufen dass sie wohl hoch kommen müssen weil ich nicht vom Klo wegkomme. 
Während ich nochmal alles geschildert habe, hat der Lieblingsmann die letzten zwei, drei fehlenden Dinge in die Kliniktasche geworfen, die ich ein paar Tage zuvor gepackt hatte. 
Weil mir bei jeder Bewegung Wasser die Beine runter lief, hab ich ein Handtuch in die Schlafanzughose gepackt und bin nach unten in den Notarztwagen. Als ich den Lieblingsmann übrigens nach einem Handtuch gefragt habe, hat er mir übrigens das größte Badetuch im ganzen Haus gebracht ;) Aus Platzmangel in der Schlafanzughose musste ich allerdings auf ein kleineres Gästehandtuch zurückgreifen ;)
Im Krankenwagen habe ich eigentlich immer wieder nur gesagt: "Der spinnt, es ist viel zu früh. Der spinnt!"


Die Gefühle, die ich im Krankenwagen hatte, kann ich auch im Nachhinein nicht richtig deuten. Ich hatte Angst, ich hab mir Sorgen gemacht weil es so früh war. Aber dennoch war mir nicht wirklich klar dass ich in wenigen Stunden mein Baby haben werde. Dieser Gedanke war einfach zu unglaublich für mich. 


Nach der Anmeldung wurde ich untersucht und ans CTG angeschlossen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich keinerlei Wehen. Aber erst als mir die Hebamme sagte dass man mir das Zimmer fertig macht, ich noch schlafen und Kraft tanken soll, habe ich begriffen dass ich nicht mehr heimgehen werde. Verrückt eigentlich. Aber mein Kopf konnte die Tragweite einfach nicht begreifen. Dabei war doch alles so klar.


Ich bekam die Ansage, mich um 7 Uhr beim Eingang zum Kreißsaal zu melden. Wenn die Wehen bis dahin noch nicht angefangen hätten, würde man nachhelfen. 


Es war etwa 2.30 Uhr als ich mich im Zimmer hingelegt habe. Der Lieblingsmann hat mir dicke Skisocken über meine nackten und eiskalten Füße gezogen und mich zugedeckt. Endlich konnte ich mich etwas entspannen. Der Lieblingsmann konnte wegen einer anderen Mama leider nicht im Zimmer bleiben und ist draußen in der Nacht rumgetigert um dann später im Aufenthaltsraum auf mich zu warten. 


Als ich langsam ruhiger wurde, die Gewissheit langsam durchsickerte dass mir nun die Geburt bevor stehen würde... Dieses Ereignis, vor dem ich so unglaublich große Angst hatte... Da hab ich mich so konzentriert wie vielleicht noch nie in meinem Leben. 


Ich muss dazu sagen dass ich mit der Sicherheit in die Schwangerschaft gestartet bin, eine Geburt nicht durchzustehen. Und das meinte ich genau so wie ich es gesagt habe. Ich war mir sicher, sicher, sicher dass ich es nicht schaffen werde. Dass ich diesen unvorstellbaren Schmerz nicht besiegen und diese Kraft nicht aufbringen können würde. 
Erst mit vorschreitender Schwangerschaft habe ich mich ganz von selbst auf das Thema eingelassen und mich versucht, darauf vorzubereiten. Denn ich bin etwas perfektionistisch veranlagt. Natürlich war mir klar, dass diese Maßnahmen alle völlig nutzlos sein könnten. Aber ich wollte nichts, wirklich nichts unversucht lassen, mir die Geburt zu erleichtern. Ich habe mir also die Ratschläge von meiner Vorbereitungskurs-Hebamme Birgit sehr zu Herzen genommen und sie zu meinem Mantra gemacht. Ich habe schon ein paar Wochen vor der Geburt (also viiiiele Wochen vor dem ET) meine Fußsohlen auf einem Igelball gerollt weil man so mit beiden Beinen einen festeren Stand hat und der Muttermund so weicher wird. Ich habe Pezziball-Übungen gemacht. Für meinen Rücken und für mein Becken. Ich habe Atemübungen gemacht und mich für die Akupunktur angemeldet. Bis ich festgestellt hab dass ich auf dieses ekelige Dammmassageöl allergisch reagiere, hab ich auch das vorbildlich benutzt. Sogar Himbeerblättertee und Leinsamen haben in der Küche auf mich gewartet. Doch dazu bin ich nicht mehr gekommen.