Freitag, 21. Juni 2013

Wie das so ist. Mit der Arbeit. Mit der Krippe. Und mit mir.

Zur Abwechslung ist das ein Post, über den ich mir den ganzen Tag Gedanken gemacht habe. Ändert aber nichts daran dass ich jetzt einfach mal los schreibe und selbst ein bisschen beobachte, was am Ende dabei raus kommt. 
Es geht um den Hashtag #workingmom. Um die Tatsache, eine Mama zu sein, die arbeiten geht. Eine Frau zu sein, die in Beruf und Familie so handeln sollte dass sie sich jeden Tag im Spiegel betrachten kann. Es geht aber auch um das Gefühl dabei. Das Gefühl das man selber hat. Und um das Gefühl das einem die Gesellschaft gibt. 
Es geht um Wertschätzung. 

Ich muss zugeben dass ich zu dem Thema nicht viel gelesen habe. Weder Blogs, noch offiziellere Quellen. Ich habe mich auch nicht mit anderen Mamas ausgetauscht. Das heißt dass ich zum einen nur meine persönliche Meinung aufschreibe, ich aber auch keine Ahnung habe, wie die repräsentative Meinung über dieses Thema tatsächlich ist. Alles subjektiv. Mein Blog eben.


Wenn es um Kinder und Erziehung geht dann scheiden sich die Geister. Man kann es eigentlich nur falsch machen. Bleibt man Zuhause, ist man ein gluckenhaftes Muttertier. Geht man arbeiten, wird man verbal gesteinigt und als Rabenmutter betitelt. 

Den Ratschlag, sich so zu entscheiden wie es für einen selbst und alle Beteiligten am besten ist, kann man leicht geben, aber das ändert oftmals nichts am Gedankenkarusell. 

Weil ich also täglich - ganz viel bei Twitter - den zwiegespaltenen und oftmals zweifelnden Gefühlen von Mamas begegne, habe ich heute viel hin und her überlegt, ob mich das Wort (und hauptsächlich das damit verbundene Gefühl), eine #workingmom zu sein, stört oder nicht. Dabei wollte ich mir die Frage beantworten, ob ich mich als halbtags arbeitende Mama auf Augenhöhe mit kinderlosen Frauen sehe. Oder mit Männern. Männern mit Kindern und Männern ohne Kinder. Denn darum geht es uns doch immer, oder?

Um Wertschätzung. 
Und es geht darum ob ich meinem Kind gerecht werde und ob ich eine gute Angestellte bin. Es geht darum, auf beiden Seiten alles zu geben und sich dabei selbst nicht zu vergessen. Es geht um die Frage ob man zu egoistisch ist oder ob Überlegungen dieser Art einfach übertrieben und vielleicht nur ein Ausdruck unserer heutigen Zeit sind. 
Das Thema ist wirklich schwierig und kann sehr theoretisch sein. Deshalb macht es wahrscheinlich am meisten Sinn, anhand vom wahren Leben, Licht in die dunkle Theorie zu bringen. 

Joni ist gute 20 Monate alt. 

Seit Februar geht er in die Krippe damit ich 5 Stunden pro Tag arbeiten kann. 
An Wochentagen stehen wir zwischen 6-7 Uhr auf und machen uns um 8 Uhr auf den Weg. 
Um ungefähr 14.30 Uhr hole ich ihn wieder ab und wir verbringen den Tag fast ausschließlich mit Exklusivzeit bis der Lieblingsmann von der Arbeit kommt.

Was sich in den letzten Sätzen sehr pragmatisch anhört, ist in Wirklichkeit so: 

Je nach Wetter fahren wir mit Kinderwagen/U-Bahn eine Station zu Krippe. Bei mir ein gut gelauntes Kind das pausenlos erzählt und singt. Genauso wenn wir mit dem Fahrrad unterwegs sind. Während ich ihm in der Krippe an der Garderobe die Schuhe ausziehe winkt er schon seiner Betreuerin zu. Je nach Tagesform ist bei der Übergabe alles drin: von Angela-Merkel-Mundwinkeln mit Tränen bis zu kompletter Mama-Ignoranz und Betreuerinnen-Verliebtheit. Aber ich sag mal so: wenn er sich ohne Ausnahme jeden Tag ohne Tränen von mir trennen würde, wäre auch was falsch gelaufen, oder?
Wir tauschen die wichtigsten Infos aus (ob er eingecremt ist, gut geschlafen hat oder sonst irgendwas besonders ist) und ich verabschiede mich kurz und knackig. 
Ich bin noch nicht mal bei der Tür raus, da richte ich den Fokus schon auf die kommenden paar Stunden. Auf mich. Und auf die Arbeit. Auf dem kurzen Arbeitsweg checke ich Mails, lese die Twitter Timeline nach und schreibe dem Lieblingsmann wie unser Morgen und die Übergabe in der Krippe war. 
In der Arbeit bin ich zu 95% einfach nur die Conny, die ihren Job macht. 
Ich habe zwar mein Handy auf dem Tisch liegen um nicht zu verpassen wenn sich mein Kleinkind eine wilde Schlägerei in der Krippe liefern würde oder ihn eine blitzartig ausbrechende Krankheit ausknocken sollte. Aber ich "verschwende" keinen Gedanken daran, ob es ihm gut geht oder ob ich eine gute Mutter bin weil ich den Versand von Werbemitteln für einen Ego-Shooter organisiere statt mit ihm Zuhause zu sein um Sandburgen zu bauen. 

Dass ich keinerlei schlechtes Gewissen habe ist wohl Luxus. 

Denn wie gesagt, ich merke dass viele Mütter sich aufreiben an dem Gedanken, sich aufteilen zu müssen. Vielleicht ist es auch nur eine gehörige Portion Egoismus, die mich so selbstbewusst behaupten lässt dass ich dennoch die beste Mama bin, die mein Sohn haben kann. 
Wenn ich aber mit ein bisschen Abstand erklären sollte, warum ich gern #workingmom bin, dann muss ich zugeben dass es mir die äußeren Umstände sehr erleichtern. 

Obwohl ich die größten Zweifel hatte, habe ich einen Arbeitgeber, der nicht (zumindest nicht wenn ich es mitkriege) die Augen rollt weil ich keine Überstunden mehr machen und nicht grenzenlos Aufgaben annehmen kann. Durch tollkühnes Aus-dem-Fenster-lehnen habe ich kaum Gehaltseinbußen im Vergleich zum vorherigen Vollzeitjob-Gehalt. 

Und der absolute Jackpot ist dass mein Arbeitgeber die Privatkrippe komplett bezahlt, was in München wirklich einem Lottogewinn gleich kommt. 
Ein ganz großer Punkt ist aber auch dass ich tatsächlich auf Augenhöhe mit dem Lieblingsmann bin. Natürlich versuche ich an den Nachmittagen einiges im Haushalt zu erledigen. Aber nur weil ich schon um 14 Uhr Feierabend habe, bedeutet das noch lange nicht dass ich die einzige bin, die sich um Wäsche und Co. kümmern kann. 
Wenn ich in der Timeline von Männern lese, die den Arsch nicht vom Sofa hochkriegen und sich von ihren Frauen von vorne bis hinten bedienen lassen (obwohl das Baby z.T. wegen Zähnen, Fieber oder einem umgefallenen Sack Reis doppelt Kraft fordert), dann steigt in mir eine unfassbare Wut hoch. Und gleichermaßen eine so große Unverständnis dass Frauen das mit sich machen lassen. Dass sie sich zu Putzfrauen und Kindermädchen degradieren lassen! Wir sind Frauen. Wir sind Mamas. Und wir kümmern uns natürlich um unsere Kinder und alles was damit zusammen hängt. Aber wir sind auch klug und selbstbewusst. Und wir sollten uns nicht kleiner machen als wir sind. 

Aber das Wichtigste bei der Entscheidung, ob es einem dabei gut geht, sich neben der Familie auch um seinen Beruf und sich selbst zu kümmern, ist die Tatsache ob es dem Kind gut geht. 

Jonas ist glücklich in der Krippe. Es ist nicht einfach nur okay. Oder notwendig. Es geht ihm gut. So sehr. Ich hole jeden einzelnen Tag einen glücklichen Jungen ab, der Lieder singt, die er in der Krippe singt. Der gut gegessen hat weil es ihm dort so gut schmeckt. Der ausgeschlafen hat weil er dort sein eigenes Bett hat, sein Kuscheltier dort ist, es feste Rituale gibt. Wie Zuhause. 
Es ist wie Zuhause. Für ihn wie ein zweites Zuhause. 
Das ist wichtig. Und es ist wichtig dass man das erkennt. Und nicht nur akzeptiert, sondern sich darüber freut. Es ist ganz sicher das erste Bisschen Loslassen. 

Was kann ich also abschließend sagen?

Dass ich mich wohl fühle. Dass ich gern eine #workingmom bin. Weil ich von ganzem Herzen Mama bin, weil ich aber auch gern ich bin. Und ich arbeite auch gern. Weil ich gern Bestätigung bekomme - nicht nur fürs Stapelbecher bauen. 
Und ich fühle mich damit wohl weil ich stolz bin. Stolz auf meinen Sohn und darauf wie der Lieblingsmann und ich das alles hinkriegen. 
Das heißt nicht dass es bei uns immer blitzt und keine Krümel rumliegen. 
Und es heißt auch nicht dass ich immer alles auf der Spur hab. 
Natürlich hätte ich gern mehr Zeit für's Nähen und Lesen und Fernsehen und Schlafen und und und. Aber im Großen und Ganzen kriegen wir's sehr gut hin. 
Und darauf kann man stolz sein. Und das dürfen die anderen auch merken. 
Ja, ich bin eine #workingmom (auch wenn das Wort an sich schon einen Tick beknackt ist) und ich find's schön. "Nur" Mama sein würde mich genauso wenig zufrieden stellen wie nur berufstätig zu sein. 

Puh... der erste Blogpost seit April. Also etwas was tatsächlich geschrieben werden musste, oder?  :)