Dienstag, 26. Juni 2012

So wie's ist...

Sofern ich Zeit habe, lese ich mich durch die Blogs meiner Blogroll und gelange über Blogroll zu Blogroll zu Blogroll... In der letzter Zeit ist mir beim Blogroll-Hopping auf den Mama-Blogs (zwei Zeilen und schon hundert Mal BlogBlogBlog geschrieben) aufgefallen dass sich viele sooo sooo viele Gedanken übers Stillen machen.
Ich selbst wollte natürlich auch stillen. Denn vieles spricht dafür: die Abwehrkräfte werden gestärkt, die Bindung zum Baby wird stärker, es sind innige Momente, die man mit seinem Kind verbringen kann, es ist unschlagbar günstig, man muss für Ausflüge etc. nur zwei Windeln mitnehmen und spart sich das Schleppen einer ganzen Batterie an Utensilien, die man für die Flaschenzubereitung benötigt. Vorteile,  Vorteile, Vorteile! Gibt's eigentlich auch Nachteile? ... für mich wäre ein Nachteil vielleicht das Stillen in der Öffentlichkeit gewesen. Ich denke, damit arrangiert man sich schnell weil es einfach keine andere Möglichkeit gibt. Aber davor hatte ich schon meinen Respekt um ehrlich zu sein.
Wie es aber meist im Leben so ist - es kommt anders als man plant. Und so hatten wir nach Purzels Geburt ganz ganz andere Probleme. Beziehungsweise war das Problem Essen so dermaßen groß dass Stillen überhaupt kein Thema mehr war. Wichtig war einfach dass Essen von oben nach unten durch den kleinen Körper wandern kann. Welches Essen es denn dann wird war mir sowas von egal! Dennoch habe ich natürlich gleich nach der Geburt begonnen, Milch abzupumpen. Denn auch Muttermilch kann sondiert werden und ist somit eine wichtige Quelle für das Baby um Kraft zu sammeln und ein Immunsystem aufzubauen. Selbst trinken konnte Purzel auch nach der OP erstmal nicht weil die Speiseröhre erstmal heilen musste. Seine komplette Nahrung ist also per Spritze in die Sonde gegeben worden. Da seine Trinkleistung ganz ganz minimal war, war die abgepumpte Milchmenge ausreichend.
In den kommenden Wochen hat er sich dann soweit erholt dass die sondierte Milch erhöht werden konnte und Angebot und Nachfrage ungefähr gepasst haben. Als nach dem 10. postoperativen Tag dann der Breischluck durchgeführt wurde und glücklicherweise alles dicht war, konnten wir versuchen, Purzel die Flasche zu geben. Wenn ich daran denke, wie es war, meinen tapferen Purzel das erste Mal zu füttern, hab ich sofort Tränen in den Augen. Er war so unglaublich klein (und dennoch der Größte und schwerste auf der Intensivstation) und überall hingen Schläuche und Kabel. Trinken hat ihn unglaublich erschöpft und er hat eigentlich nur geschlafen.
Erst zwei Wochen nach der Geburt haben wir den ersten Still-Versuch unternommen. Ich war etwas unsicher, aber die Grundvoraussetzungen waren da. Nur leider war mein Purzel so schwach dass er einfach nicht die Kraft hatte, zu trinken. Dennoch waren wir optimistisch. Auch als ihm die Magensonde entfernt wurde und er hauptsächlich aus der Flasche getrunken hat, haben wir weiterhin versucht, ihn zu stillen. Das hat aber dazu geführt dass er sich beim Stillen so ausgepowert hat, dass danach sogar die Flasche kaum zu bewältigen war. Die Folge war dass er nicht genug an Gewicht zunahm. Ein bisschen gegen den Rat der Schwestern haben wir dann beschlossen, ihm hauptsächlich die Flasche zu geben weil im Vordergrund einfach die Gewichtszunahme stand. Zuhause wollten wir in aller Ruhe nochmal versuchen ob das Stillen vielleicht doch klappt. 
Und tatsächlich hatten wir nach der Entlassung aus dem Krankenhaus ein paar wenige, schöne Stillmomente, in denen er auch genug Milch getrunken hat. Aber insgesamt wäre er auf halber Strecke einfach verhungert... im wahrsten Sinne des Wortes. Nachdem er sich an den Luxus "Fläschchen" gewöhnt hatte, wollte er das Mehr an Kraftaufwand einfach nicht investieren. Ich habe noch einige Wochen weiterhin abgepumpt, es aber letztendlich auch irgendwann eingestellt weil ich mengenmäßig hinten und vorne nicht mithalten konnte und der Abpump-Aufwand (gerade nachts) nicht in Relation mit der Milch stand.
Ich muss zugeben dass mir diese Entscheidung nicht sehr leicht gefallen ist, ich wirklich mit mir gehadert habe und auch noch einige Monate danach das Gefühl hatte, alle würden mir ein schlechtes Gewissen einreden wollen. 
Ja, ich hätte gern gestillt. Ja, ich weiß dass es das Beste für das Kind ist. Aber ja, ich habe mich irgendwann dagegen entschieden. Und ja, mein Kind hat eine gute Bindung zu mir!


Ich schreibe diesen Post weil ich es wirklich sehr schade finde dass wir Frauen uns so sehr unter Druck setzen müssen. Jeden Tag habe ich durch das Internet und seine vielen Kanäle Kontakt mit Mamas, die sich Sorgen machen weil ihre Babys die Brust verweigern, zu wenig Milch kommt, zu viel Milch kommt, man gesundheitliche Probleme hat etc.
Woher kommt denn dieser Druck? Machen wir Mamas uns den selbst? Ja, sicherlich. Denn auch in anderen Baby-Bereichen ist die Challenge kaum auszuhalten. Sitzt er schon, läuft er schon, spricht er schon, kann er schon Peter und der Wolf auf dem Xylophon?!?!? Da braucht man nicht auch noch die ständigen Fragen nach dem Still-Erfolg. Aber von den Supermüttern da draußen mal abgesehen hatte ich auch das Gefühl dass Druck von Seiten der Hebammen und Kinderärzte aufgebaut wird. 
Wirklich schade, denn wie gesagt, Stillen ist ohne Zweifel das Beste für das Kind. Aber wenn es nicht gestillt wird, hat man nicht die Chance verpasst, ihm das Beste zu geben. Mr. Pu lacht und wedelt mit den Armen wie ein Schwimmweltmeister wenn ich zu seinem Bett gehe und ihn raushole. Er lacht sich kaputt wenn ich den kleinen Holzfrosch für ihn zappeln lasse und mag es wenn ich zum hunderzwölften Mal am Tag Auf einem Baum ein Kuckuck singe. Er kuschelt seinen Kopf an meine Schulter und greift mir ganz vorsichtig mit seinen kleinen Fingern ins Gesicht. Hätte er mich mehr lieb wenn ich ihn gestillt hätte? Nein, ganz sicher nicht. Er hat mich genauso bedingungslos lieb wie ich ihn. 


Liebe Mamas, setzt euch nicht so unter Druck. Und denkt immer daran dass es ist wie's ist. Und so wie's ist, ist's gut. Und vielleicht nicht nur gut. Sondern so perfekt wie man als Mama nur sein kann! 


Außerdem gibt das Nicht-Stillen dem Papa auch die Chance, ein bisschen mehr Mama zu sein. Einer von den Vorteilen, den die Fläschchen haben. Die sind nämlich besser als ihr Ruf :)

2 Kommentare:

  1. Ich kann aus meiner Erfahrung sagen, dass man aus der Klinik schon viel Druck bekommt & wenn du dein Kind nicht stillen willst, bekommste du schon nen Stempel drauf. Jeder hat ja seine Gründe dafür. Gut, wenn jetzt einer nicht Stillen will, weil wer wieder Rauchen will, dann darf er gerne einen Stempel haben.

    Bei mir selber war es so, dass ich einen totalen Brustverweigerer hatte. Ich konnte mich drehen & wenden, machen & tun, mein Kind ging nicht an die Brust. Stillhütchen etc. nichts zu machen! Was soll ich also machen? Immer weiter meinem Kind eine unnötige Stresssituation aussetzen & sehen, dass es immer & immer wieder total hysterisch wird, weil es einfach nicht an die Brust will oder eben Abpumpen & die Muttermilch in der Flasche geben? Ich hab mich fürs Abpumpen entschieden & mein Kind war Glücklich, hat zu genommen & alles war Schick. Ich konnte das aber nur die ersten 6 Wochen oder so machen, weil dann die Milch nicht mehr ausreichte & ich zu füttern musste, Dann habe ich abgestillt weil ich wieder in die Ausbildung musste.

    Beim 2. Kind irgendwann werde ich das Sicher wieder probieren mit dem Stillen, aber ich bin auf Grund mehr Erfahrungen in der Ausbildung & dem was ich gelernt habe auch in der Theorie ganz eigensinnig & lass mir da nicht rein reden.

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    1. Das unterschreibe ich von A bis Z. Wenn egoistische Gründe zum Abstillen führen dann ist das die größte Sauerei überhaupt! Aber leider gibt es genug, deren eigener Komfort (Alkohol, Zigaretten, Unabhängigkeit, Äußeres) wichtiger ist als das kleine Wesen.
      Wie du aber schon sagst, es gibt tausendundeinen Grund warum es einfach nicht klappt. Und dann ist es eben so. Da muss man sich als Mama schon ein dickes Fell überziehen. Schade dass es in der Gesellschaft immer nur Extreme geben kann. Denn vor einiger Zeit war es noch völlig undenkbar zu stillen. Da waren Flaschenbabys total im Trend und man war alternativ und öko wenn man angelegt hat.
      Heute wird man hingestellt als würde man die Zukunft des Kindes schon verbauen weil man es nicht bis zum 8. Monat voll gestillt hat.

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Und was sagst du dazu? :-)